Pirmin Lang und Shinroku Shimokawa zeigen ihre künstlerischen Positionen in der Galerie im Alten Bau in Geislingen
Eröffnung ist am Sonntag, dem 16. Februar 2025, um 11.00 Uhr.
Der Ausstellungstitel „Auf links gedreht“ reflektiert die unterschiedlichen Positionen der beiden
Künstler.
Pirmin Lang, geboren in Ellwangen, studierte von 2004 bis 2009 an der Staatlichen Akademie der
Bildenden Künste Karlsruhe. Seine Malerei entsteht nicht nach der Natur, sondern ist eine Malerei,
die von der Natur ausgehend aus der Erinnerung entsteht und so persönliche visuelle Empfindungen
und vor allem Atmosphäre wiedergibt. Dabei durchdringen sich die mitunter zahlreichen Farbschichten und Übermalungen gegenseitig, bleiben jedoch fast ausnahmslos alle bis zum Ende in irgendeiner Form präsent und sichtbar. So werden sie, analog zur stattfindenden Suche nach dem Bild, bewusst zu Zeugen des Entstehungsprozesses der Gemälde gemacht. Dieser Zustand des Werdens, diese Darstellung des Übergangs und die sich daraus zwangsläufig ergebende Offenheit bieten dem Betrachter die Gelegenheit, sich unabhängig vom inhaltlichen Fundament, welches den Arbeiten zugrunde liegt, mit dem Bild ebenfalls auf eine Reise der persönlichen Assoziationen zu begeben.
Shinroku Shimokawa, geboren in Tokyo, studierte ebenda Kunst und erhielt für seine Arbeiten auch in Deutschland verschiedene Auszeichnungen, etwa den Preis der Stiftung Buchkunst, den Sezessionspreis 2016 der Darmstädter Sezession, den Tennenloher Kunstförderpreis, das Atelierstipendium des Landkreises Esslingen oder aber das Aufenthaltsstipendium Centro Internazionale di Scultura, Schweiz. Seit 2022 ist Shinroku Shimokawa künstlerisch-technischer Leiter in der Werkstatt für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Der Künstler hat an vielen Ausstellungen in Japan und Deutschland teilgenommen und verschiedene Kunstwerke im öffentlichen Raum realisiert, etwa auf der Herman-Lenz-Höhe in Stuttgart. Sein aktuelles Projekt trägt den Titel: Ergonomischer Flussstein. Flusssteine sind hier nicht nur Arbeitsmaterialien, vielmehr wird ihr natürliches Wesen zum Inhalt der Arbeit. Sie werden direkt am Fluss ausgewählt, dann ins Atelier gebracht und ihre Form entsprechend einer ergonomischen Passung bearbeitet. So werden sie der Natur entnommen und in die Welt der Körper überführt.
Die Ausstellung wird am Sonntag, dem 16. Februar 2025 um 11.00 Uhr in der Städtischen Galerie im Alten Bau in Geislingen an der Steige eröffnet, begrüßen wird: Roland Funk, Vorsitzender des Kunst- und Geschichtsvereins Geislingen, in die Ausstellung einführen wird Domenik Gebhardt, Ausstellungsleiter des Kunst- und Geschichtsvereins Geislingen.
Die Werke der beiden Künstler werden dann noch bis zum 23. März 2025 in der Galerie im Alten Bau zu sehen sein.
Weitere Informationen unter: www.kgv-geislingen.de und: www.stadtmuseum-geislingen.de.
Stefan Renner
Die Geislinger Zeitung hat folgendes über die Ausstellung geschrieben:
Expressive Bilder, puristische Steinskulpturen
Starke Kontraste prägen die sehenswerte Ausstellung von Bildhauer Shinroku Shimokawa und Maler Pirmin Lang in der Galerie im Alten Bau in Geislingen. – Von Roderich Schmauz
Geislingen. Unterschiedlicher geht`s kaum: An den vier Wänden hängen die farbkräftigen expressiven Gemälde von Pirmin Lang, im Zentrum des Raums sind die bearbeiteten Flusssteine des Bildhauers Shinroku Shimokawa platziert. Seit Sonntag stellen die beiden Künstler in der Galerie im Alten Bau in Geislingen aus. Bevor sie der Kunst- und Geschichtsverein (KGV) eingeladen hatte, kannten sich die beiden fast gleichaltrigen, jetzt in Stuttgart wohnenden Künstler nicht. Ihre Gemeinschaftsausstellung betitelten sie „Auf links gedreht“ und assoziieren damit die zwei Seiten eines Kleidungsstücks, innen und außen. Oder sind es doch „eher zwei parallel laufende Linien ohne wirkliche Tangente“, fragte Ausstellungsleiter Domenik Gebhardt in seiner anspruchsvollen Vernissagerede. Um in der generellen Auseinandersetzung der Künstler zwischen Ich und Welt auf konkrete Gemeinsamkeiten der Beiden vor Ort zu stoßen: „Wir befinden uns in einem Raum voller geistiger und tatsächlicher Mitbringsel.“
Pirmin Lang, 1981 in Ellwangen geboren, zeigt in unterschiedlichen Formaten Landschaften, genauer: vom Menschen geprägte Kulturlandschaften, Gebäude, architektonische Strukturen. Weit entfernt von Naturalismus setzt er die Erinnerung an das Gesehene um. Seine persönliche Erinnerung verwandelt die Bilder bis hin zu Traumlandschaften. Seine expressiven, lebendigen, farbkräftigen Arbeiten in Öl zeugen von einem eigenen visuellen Ausdruck. Der Entstehungsprozess bleibt, zum Beispiel in Übermalungen, sichtbar.
Domenik Gebhardt interpretiert Langs Kunst so: Seine Seelenlandschaften seien „Erinnerungslandschaften, die die Unschärfe, die Ungenauigkeit der assoziativen Verfasstheit des Gedächtnisses analysieren.“ Das menschliche Maß, der Körper, begegne bei ihm einer „Umwelt, deren Unendlichkeit er kaum fassen kann.“ Er versuche „diese unfassbare Menge an Welt und Realität in sinnesgemäß verstehbare Brocken zu unterteilen.“
Meditativ, puristisch, in Form und Naturfarbe aufs Wesentliche reduziert und streng angeordnet sind hingegen die „ergonomischen Flusssteine“, die Naturstein-Installationen von Shinroku Shimokawa. Er ist 1979 in Tokyo geboren. Seit 2022 leitet er die Werkstatt für Bildhauerei an der Stuttgarter Kunstakademie. Flusssteine, Fundstücke, die bei ihm durchaus auch kapitale Ausmaße annehmen können, sind zunächst noch ganz Natur, zeigen ihre charakteristische Maserung in ihren Weiß- und Grauschattierungen. Erdgeschichtlich betrachtet haben sie sich aber aus einem Felsmassiv gelöst. Wind und Wetter, Hitze und Kälte, Regen und Flusswasser haben sie schon geformt und geschliffen. Das natürliche Wesen der jeweiligen Fundsteine aufgreifend bearbeitet sie Shimokawa behutsam mit Säge und Schleifwerkzeugen – womit sie zum Kunstobjekt werden. Er präsentiert sie auf minimalistischen, funktionalen Metallpodesten unterschiedlicher Höhe und zeigt sie somit der Natur, der Erde enthoben. Oder wie er selbst resümiert: „So sind sie der Natur entnommen und in die Welt der Körper überführt.“ Seine große, im Zentrum stehende Installation „1:5“ aus 13 mit Bedacht angeordneten Quadern ist geprägt vom Kontrast des Natursteins und den klaren Kanten der Schnitte. Zum optischen gesellt sich ein haptisches Vergnügen: Man darf Shimokawas Objekte anfassen, genauer: berühren und streicheln, die porösen Naturoberflächen, die Einschnitte und die glattpolierten Flächen erfühlen.
Gebhardt meinte dazu wiederum, dass Shimokawa „in seiner Umgebung Dinge findet, die mit dem Menschen wenig zu tun haben. Er lässt sie nicht in Ruhe, er kooperiert mit ihnen.“ Und: „Die Dauer der menschlichen Existenz wird genauso mit ihrer Umwelt ins Verhältnis gesetzt, wie auch der Zugriff dieser Existenz auf diese Umwelt hinterfragt“ wird.
KGV-Vorsitzender Roland Funk hatte eingangs die Besucher begrüßt, die in überschaubarer Zahl gekommen waren, sich dafür umso aufgeschlossener und interessierter zeigten. Außerdem stellte er kurz das vielfältige Jahresprogramm des Vereins vor, das neben Ausstellungen in der Galerie, im Museum und in der Siechenkapelle mehrere Kulturfahrten vorsieht, zudem Themenabende zur schlechten Bausubstanz der Altstadt und zu „Geislingen unterm Hakenkreuz“.
Info
Die Ausstellung „Auf links gedreht“ ist bis 23. März in der Galerie im Alten Bau zu sehen, täglich von 14 bis 17 Uhr, außer montags.