Heimatgeschichte: Die 39. Weihnachtsausstellung ist eröffnet.
Das Thema Sport in Geislingen einst und heute wartet mit Überraschungen auf – Von Roderich Schmauz
Wo soll man zuerst hinschauen? Die 39. Weihnachtsausstellung, dem Thema Sport in Geislingen gewidmet, überrascht: Wegen der überwältigenden Fülle völlig unterschiedlicher, interessanter Exponate. Wegen der bunten Vielfalt, mit der die Sportstadt in einer langen Tradition bis heute aufwartet.
Eröffnung: In der Galerie im Alten Bau begrüßten am Freitagabend Oberbürgermeister Frank Dehmer und der Ausstellungskurator, Stadtarchivar Dr. Philipp Lintner, unter den zahlreichen Gästen viele Vertreter von Sportvereinen. Sogar ein amtierender Weltmeister war anwesend, Triathlet Hermann Scheiring, der jüngst in seiner Altersklasse den Ironman Hawaii gewonnen hat. Sein Hightech-Fahrrad ist ausgestellt. Für einen schwungvollen Start in musikalischer Hinsicht sorgte das Saxophon-Quintett der Musikschule.
Persönlicher Bezug (1): Turnwettbewerbe, Handball beim TVA, Eishockey auf der Eisbahn beim Freibad – OB Dehmer sprach in seiner launigen Eröffnungsrede auch über seine autobiographischen Anknüpfungspunkte zum Thema. Zumal seine Mutter alle Erfolge des Filius, mit Urkunde und Platzierung, in einem Ordner fein säuberlich dokumentiert hat. Sogar am legendären Pokalspiel des SC gegen den HSV am 1.9.1984 hat Dehmer teilgenommen, weil er mit einer Jugendmannschaft das Vorspiel bestritt.
Persönlicher Bezug (2): Im Kontrast dazu bekannte Dr. Lintner, dass er sich mit dem ihm doch eher fremden Thema Sport erst anfreunden musste. Habe er doch zu denen gehört, die im Schulsport als Letzter in eine Mannschaft gewählt wurden. Eine prägende Erfahrung.
Ausstellungskonzept: Die Geschichte des Sports in Geislingen, mit Schwerpunkten NS-Zeit und Neubeginn nach 1945, bis heute. Daraus ergeben sich viele weitere Facetten. Im Mittelpunkt der Galerie ist ein riesengroßer Stadtplan aus den 50er Jahren ausgefaltet, auf dem die Sportstätten verzeichnet sind.
Wo sie Sport treiben: Alte Fotos und Zeitungsberichte erinnern u.a. an das Rötelbad, das TG-Freibad im Rohrachtal (1924 – 1963), natürlich ans Wölkbad. Der Bau der Alten Turnhalle 1863 und der Jahnhalle 1928 waren Meilensteine. Wie die Vereine selbst Hand anlegten, um z.B. ihre Sportstätten im Eybacher Tal zu bauen, ist ebenfalls dokumentiert.
Womit alles begann: Am Anfang – historisch gesehen sowie in der Ausstellung – standen die Schützenvereine und die Turnvereine, beide hatten auch Bezug zur militärischen Wehrhaftigkeit.
So viele Sportarten und Vereine: Eine unvollständige Aufzählung der Disziplinen, welche die Ausstellung beleuchtet: Schießen und Bogenschießen, Turnen und Leichtathletik, Boxen, Kraftsport und Kampfsport, Reiten, Tennis, Fechten, Radfahren, Schach, Kegeln, die Lebensretter der DLRG, Wandern; selbstverständlich Handball und Fußball; moderne Sportarten wie Bob, Motorsport oder Beachvolleyball; und natürlich die drei großen Mehrspartenvereine TG, TVA und SC.
Nicht nur Sport: Sportvereine pflegen auch Geselligkeit und Kultur. Stichworte in der Ausstellung dazu sind die TG-Trampolinakrobaten der Flying Briketts, oder die Aufführung von Theaterschwänken.
Schulsport: Mit gemischten Gefühlen wird mancher Besucher das Stillleben mit Medizinball, Bock und Co betrachten.
Erfindungen: Zum Beispiel der Rollka-Grasski, entwickelt vom Geislinger Josef Kaiser. Diese Skier erinnern eher an Raupenfahrzeuge. Doch sie sind bis heute bekannt. Es gibt sogar einen Grasski-Weltcup.
Stars: Jürgen Klinsmann ist mit signierten Nationalmannschaftstrikots mit der Rückennummer 18 in der Ausstellung präsent; einer von vielen Fußballkarrieren, die im Eybacher Tal begannen. Dokumentiert ist das Freundschaftsspiel, das der SC am 19. Juni 1969 vor 5500 Zuschauern mit 2:5 gegen Bayern München verlor, das mit Stars wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Sepp Maier antrat. In einem Zusammenschnitt wird am Monitor in Dauerschleife der legendäre Pokalsieg des SC gegen den HSV gezeigt. Drei TGler saßen 1984 im Viererbob bei Olympia in Sarajewo. Der Kreis schließt sich heute mit Hermann Scheiring und Elke Keller, Weltmeisterin in ihrer Altersklasse auf Langlaufstrecken.
Hingucker: Ein Hochrad von 1890, links und rechts flankiert von den edlen Fahnen mit Kordeln des „Radfahrer-Verein Vorwärts Altenstadt“ und des „Radfahrer Verein Geislingen a. Steige“, aufgestickt ist jeweils das Motto „All Heil“. Oder: Sorgfältig hinter Glas gerahmt und mit dem Eichenlaub der Sieger umkränzt die „Preis-Diplome“ von Gauturnfesten.
Kurioses: Der Vorstand der TG-Schwimmabteilung landete wegen illegalem Ableiten von Wasser fürs Freibad beinahe hinter Gittern. Solche und weitere Geschichten hat Lintner ausgegraben.
Mitmachen: Mag sonst in Museen oft zu lesen sein: Bitte nicht anfassen, gilt das in der Galerie nicht für das aufgestellte Tipp-Kick-Spiel. Zum Mitmachen fordert am Eingang eine große Pin-Wand auf. Mit persönlichen Sport- oder Sportfan-Erlebnissen in Wort oder Bild kann sie jeder bestücken. Der OB mit seiner heute dezenten Frisur steuerte ein Mannschaftsfoto bei, auf dem er als junger Mann – kaum zu glauben, aber wahr – im Afrolook zu sehen ist.
Dank: 70 Prozent der Exponate in der Weihnachtsausstellung stammen von Vereinen oder privaten Leihgebern, ein extrem hoher Anteil, bemerkt Lintner. Das bedeutete für ihn einen großen Zeitaufwand. Zugleich dankte er allen Leihgebern, seinem Helferteam und den Sponsoren.
Öffnungszeiten: Galerie im Alten Bau Geislingen, bis 26. Januar, täglich außer montags 14 bis 17 Uhr, Eintritt frei. Geöffnet auch am 25. und 26. Dezember sowie am 1. und 6. Januar. Geschlossen an Heiligabend und Silvester. Führungen im Dezember: am 12. um 15 Uhr, und am 18. um 18 Uhr.