Sprechtrommel der Duala – eine wahre Rarität
Die kurze Zeit, während der das Deutsche Reich Kolonialmacht war, hat auch in Geislingen ihre Spuren hinterlassen. Im Depot der Museen im Alten Bau befinden sich die Nachlässe zweier Kolonialbeamter, deren Exponate jetzt bis Herbst in der Sonderausstellung „Kulturzeugnisse aus der deutschen Kolonialzeit“ gezeigt werden.
Das bemerkenswerteste Stück im kleinen Raum im dritten Stock des Alten Baus ist wohl die Sprechtrommel der Duala, die aus dem Besitz von Rudolf Betz stammt, Lehrer im Auslandschuldienst in Kamerun. Er wurde 1867 in Esslingen geboren, kam nach dem frühen Tod seiner Eltern ins Waisenhaus in Stuttgart und besuchte das Lehrerseminar in Esslingen. 1891 wird er Lehrer an einer Schule im Mündungsgebiet des Kamerunflusses. Er beschäftigt sich eingehend mit der Sprache der dort ansässigen Duala, und es gelingt ihm, das akustische Morsesystem der Trommelsprache der Duala weitgehend zu entziffern. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er sogar 1898. Die zwei Töne hervorbringende Trommel, die er sich zu Übungszwecken anfertigen ließ, ist ein ganz seltenes Stück in der Sammlung und hat sogar einen Doktoranden aus Berlin veranlasst, nach Geislingen zu kommen.
Zu sehen sind in der Ausstellung außerdem unter anderem ein Palaverstuhl, Stechruder, ein Tanzschild, Wurfspeere und andere Dinge, die sein Bruder Karl, der in der WMF als Graveur beschäftigt war, dem Museum als Leihgabe überlassen hat. Rudolf Betz, der durch seinen Dienst in Kamerun gesundheitlich angeschlagen war, schied 1899 in Stuttgart freiwillig aus dem Leben, auch aus Enttäuschung darüber, dass seine Forschungen zu seinen Lebzeiten keine Beachtung fanden. Der englische Forscher Green, der Jahrzehnte später nach Afrika fuhr, um die Telegrafie der Duala zu entziffern, kehrte ohne Resultat wieder zurück. Erst Museumsleiter Georg Burkhardt machte auf die bahnbrechende Arbeit von Rudolf Betz wieder aufmerksam.
Der andere Teil der Ausstellung besteht aus dem Nachlass des aus Geislinger Familie stammenden Dr. Johann Kelbling, Stabsarzt der Schutztruppe in Ost-Afrika. Durch seine Kontakte zu den Massai und Uhehe brachte er eine kleine Sammlung von Gegenständen nach Geislingen mit.
Vermutlich war er auch eine Zeitlang im deutschen Pachtgebiet in Kiautschou in China, denn im Nachlass der Familie Kelbling befinden sich einige von dort stammende sehr schöne Gegenstände. Zu sehen sind in der Ausstellung unter anderem ein bemaltes Teekännchen, Schalen aus exotischen Früchten, ein zweischneidiges Schwert, eine Opiumpfeife und eine Laterne. Außerdem zeigt die Ausstellung ein Konvolut von Texten auf kostbarem Reispapier. Museumsleiter Hartmut Gruber wartet noch auf die Entzifferung der Texte und ist gespannt auf den Inhalt der Texte. Das Grab von Johann Kelbling, der von 1864 bis 1904 lebte, befindet sich auf dem Alten Friedhof in Geislingen.
Die Ausstellung befindet sich im dritten Stock des Alten Baus direkt vor der Vogelausstellung und ist zu den üblichen Zeiten des Museums Di – So 15 – 17 Uhr geöffnet. Sie ist bis zum Herbst zu sehen, wenn der Alte Bau zur Winterpause schließt. Gruber sieht vor, hier jedes Jahr eine Ausstellung zu einem bestimmten Thema zu zeigen.