Bei ihrer Ausfahrt mit dem Geislinger Kunst-und Geschichtsverein am 17. Juni zum Ludwigsburger Schloss konnten die Teilnehmer die gesellschaftliche Spannung und die extreme Diskrepanz der Lebensverhältnisse in einem im Barock gebauten Schloss hautnah erleben.
Nachdem im Rahmen einer fundierten Führung durch die Prunkräume der Königinnen die repräsentierende Pracht und der zur Schau gestellte Reichtum der Schlossherren vermittelt wurde, entdeckte die Gruppe die Räumlichkeiten der Dienerschaft im Originalzustand. Die höhere, adlige Dienerschaft lebte und bewegte sich in einem Labyrinth von geheimen Treppen, Gängen und versteckten Zimmern hinter den Prunkräumen und in den Zwischengeschossen in der Nähe der Monarchen. Zwei versteckte Innenhöfe sollten den kleinen, schlecht belüfteten, dunklen Dienerzimmern ein Minimum an Licht bieten. In der unteren Dachebene hauste die einfache Dienerschaft und hatte entsprechend lange Wege zur Arbeit. Alleine für das Anzünden, Austauschen und Auswechseln der Kerzen bei Festlichkeiten waren über 360 Diener zuständig. Das barocke Essen, das im Normalfall aus über 60 verschiedenen Komponenten bestand, musste über 200 Meter zur Speisetafel transportiert, aufgewärmt und dekorativ aufgebaut werden.
Bei der Begehung des Mansardendaches beeindruckte besonders die Dachkonstruktion über dem Marmorsaal mit ihrem freitragenden Gebälk, welches das große Gewicht der barocken Stuckdecke und den schweren Kronleuchter tragen muss.
Die jährlichen Kosten dieser Verschwendungssucht der Schlossherrschaft entsprachen umgerechnet knapp 60% der Steuereinnahmen des damaligen Territoriums Württemberg. Dieser Prunk wurde bei der Begehung des Modemuseums mit seiner Ausstellung der höfischen Damen und Herrenmode noch einmal deutlich.
Walter Klenk