Auch Luther glaubte an Hexen

Exkursion: Der Kunst- und Geschichtsverein verbrachte einen äußerst informativen Tag in Rothenburg ob der Tauber.

Die Teilnehmer an der Exkursion stellten sich auf der Treppe des Rathauses von Rothenburg zum Gruppenbild auf.

Gerade hatte sich die Gruppe um den Exkursionsleiter Walter Klenk auf dem Marktplatz von Rothenburg versammelt, da öffneten sich Schlag 10 Uhr die Fenster oben an der Ratstrinkstube beidseits der Uhr und zeigten die Szene des „Meistertrunks“. Eine historisch nicht belegte Legende, die trotzdem, wie die polyglotte Stadtführerin zu berichten wusste, in Rothenburg allgegenwärtig ist. Während des 30-jährigen Krieges war die protestantische Reichsstadt im Jahr 1631 schutzlos den kaiserlichen Truppen ausgeliefert. Der Truppenkommandeur Graf Tilly war allerdings bereit, auf eine Plünderung zu verzichten, wenn es dem 70-jährigen, aber trinkfesten Bürgermeister Nusch gelinge, einen 3,25 Liter Frankenwein fassenden Humpen auf einen Zug zu leeren. So erklärten sich die Rothenburger später die Tatsache, dass die Stadt von der Plünderung verschont blieb.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die große Zeit der an zwei sich kreuzenden überregionalen Handelswegen gelegenen Freien Reichsstadt vorbei, so dass sich bis heute das Bild des mittelalterlichen Stadtkerns nicht mehr wesentlich veränderte. Zwar fielen 45% der Altstadt den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer, doch wurden die zerstörten Häuser originalgetreu wieder aufgebaut.

Der ausgedehnte Stadtrundgang führte in die Franziskanerkirche mit dem Franziskusaltar, in den Innenhof eines der typischen Kaufmannshäuser und durch zahlreiche pittoreske Gassen. Schließlich gelangte man zum Burggarten, wo ursprünglich die vom Hohenstaufenkönig Konrad III. errichtete, nach einem Erdbeben 1356 zerstörte Reichsburg stand und sich ein weiter Blick auf das Tal der Tauber bot.

Weiterer Höhepunkt war die St. Jakobskirche mit dem Heilig-Blut-Altar von Tilman Riemenschneider mit der ausdrucksstarken Abendmahlsszene. Die in das Reliquienkreuz oberhalb der Schreinmitte eingearbeitete Heilig-Blut-Reliquie war Ziel zahlreicher Pilger, weshalb Rothenburg auch den Beinamen „Frankens Jerusalem“ erhielt. Viele Pilger zogen von hier aus weiter nach Santiago de Compostela, denn Rothenburg liegt auf dem mittelfränkischen Jakobsweg. Da die Reformation in Rothenburg nicht zu einem Bildersturm führte, haben sowohl die Jakobskirche wie auch die anderen evangelisch gewordenen Kirchen Rothenburgs ihr Aussehen nicht verändert.

Luther in Zeiten des Hexenwahns war das Thema einer Sonderausstellung im Kriminalmuseum, das die Gruppe anschließend besuchte. Hier erfuhren die Teilnehmer, wie zwiespältig Luther zum Hexenglauben stand. Einerseits befürwortete er harte Strafen, als Seelsorger plädierte er in anderen Fällen wiederum für Milde und das Bemühen, die angebliche Hexe wieder zum Glauben zurückzuführen. Die Ausstellung führte der Gruppe vor Augen, dass Luther in einem vom Aberglauben geprägten Umfeld aufwuchs. Es war eine Zeit des Umbruchs, in der viel Unsicherheit vorhanden war.

Anschließend hatten die Teilnehmer Gelegenheit, sich im Kriminalmuseum umzusehen, dem europaweit größten Museum zur Rechtsgeschichte, bevor man zum Schluss in das Reichsstadtmuseum hinüberging. Dort wartete auf die Gruppe eine Ausstellung über „Medien der Reformation“, die erste Medienschlacht der Neuzeit. Die Erfindung Gutenbergs, der Druck mit beweglichen Lettern, ermöglichte die Herstellung zahlreicher Flugblätter in großer Auflage. Der vormals ansbachische Kanzler Georg Vogler kam, kurz nachdem Rothenburg die Reformation eingeführt hatte, im Jahr 1545 in die Stadt und brachte seine umfangreiche Flugschriftensammlung mit. Als engagierter Verfechter der reformatorischen Lehre entwickelte er eine eifrige Sammeltätigkeit und vermachte seine rund 900 Flugschriften der Stadt Rothenburg. Davon haben alleine 275 Martin Luther als Autor. Die kommentierte Auswahl an Flugschriften in der Ausstellung vermittelte einen Einblick in die grundlegenden theologischen Auseinandersetzungen in der Reformationszeit.

Fazit: Es war eine rundum interessante, viele verschiedene Aspekte berührende Exkursion.

 

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