Schalttag erst nach 5000 Jahren notwendig

Dr. Hansjürgen Gölz referierte auf dem Vereinsabend am 24. April über Rechenkunst, Kalender und Schrift der Maya

Wie leicht es sich mit dem Vigesimalsystem der May rechnen lässt, führte Dr. Gölz sehr plastisch in seinem Vortrag über die Maya in der gut besuchten Galerie im Alten Bau am letzten Montag vor. Während wir es gewohnt sind, mit den Einern, Zehnern, Hundertern, Tausendern und so fort zu rechnen, war die Zahl 20 Basis bei den Maya. Man erhält dann als Einheiten 1, 20, 400, 8000.

Dabei hat die Null genau die gleiche herausragende Bedeutung wie bei uns. Und ganz erstaunlich: Die Maya kommen mit weit weniger Zeichen aus als wir, denn es gibt nur die Null, den Punkt, der für eine Eins steht und den Strich, der Fünf bedeutet. Damit sind alle Zahlen darstellbar.

„Gelegentlich habe ich jüngeren Schülern in einer Vetretungsstunde das ‚Maya-Rechnen‘ gezeigt. Sie haben es schnell verstanden und es hat ihnen viel Spaß gemacht“, berichtete Gölz.

Die frühesten Nachrichten über die Maya-Kultur, deren Höhepunkt zwischen 200 und 900 n. Chr. lag, verdanken wir dem Franziskanermönch Diego de Landa, der über 30 Jahre in Yucatan lebte und 1565 die Ergebnisse seiner Forschungen zur Maya-Kultur im Buch „Relacion de las cosas de Yucatan“ niedergeschrieben hat. Erstaunt stellten die Spanier fest, dass die Maya Bücher besaßen. Da ihnen die Zeichen unverständlich waren und sie glaubten, sie enthielten nichts, was vom Teufel und Aberglauben frei wäre, verbrannten sie alle Bücher, derer sie habhaft werden konnten.

Erhalten sind nur noch drei Handschriften der Maya, deren schönste der Dresdener Codex ist. Er besteht aus einem dreieinhalb Meter langen, doppelseitig beschriebenen Streifen aus Rindenbastpapier, der ursprünglich wie ein Leporello gefaltet war. Er ist ein Schlüsseldokument für die Entzifferung der Maya-Hieroglyphen und enthält astronomische Tafeln, Kalender, Multiplikationstabellen und rituelle Vorschriften. Dem Dresdener Bibliotheksdirektor Ernst Förstemann (1822 – 1906) gelang anhand des Kodex die Entschlüsselung der Kalenderdaten.

Die Maya hatten drei Kalender, die untereinander verzahnt waren. So den „tzolkin“, den Ritualkalender mit 260 Tagen, in dem die Maya religiöse Zeremonien, Rituale und Feiern festlegten. Wie Gölz zu berichten wusste, ist er in Guatemala heute noch in Gebrauch. Im Hochland von Guatemala wird das Neujahrsfest alle 260 Tage gefeiert.

Neben dem Ritualkalender galt bei den Maya das Sonnenjahr Haab mit 365 Tagen, gegliedert in 18 Monate zu je 20 Tagen. Das ergibt 360 Tage, die letzten fünf Tage galten als „Schläfer des Jahres“ oder „namenlose Tage“, an denen keine schwere körperliche Arbeit verrichtet wurde und man den Körper nicht pflegte. Das Sonnenjahr ist bei dem Maya mit 365,2420 Tagen so genau, dass erst nach 5000 Jahren ein Schalttag notwendig ist.

Zwar sind beide Kalender unabhängig voneinander, trotzdem haben die Maya sie sich wie zwei Zahnräder gedacht, die ineinander greifen. Dabei kommt es alle 52 Jahre zur identischen Kombination eines der 260 tzolkin-Tage mit einem der 365 Tage des Haab. Man spricht hier von einer „Kalenderrunde“. Als man das Datum des 21. Dezember 2012“ aus dem Kodex herauslas, „glaubten esoterische Kreise, die Maya hätten hier den Weltuntergang vorausgesagt“, so Gölz. Dabei handelt es sich hier lediglich, wie der renommierte Bonner Maya-Forscher Nikolai Grube nachgewiesen hat, um das Ende der 13. Kalenderrunde. Am Tag danach beginnt die 14. Kalenderrunde.

Der spanische Mönch Diego de Landa scheiterte noch mit seinen Bemühungen, die Maya-Schrift

Diese Seite aus der Maya-Handschrift des Dresdener Kodex zeigt die Berechnung einer Sonnenfinsternis
Venustafel

zu entziffern, da er an eine Buchstabenschrift glaubte. Erst der sowjetische Forscher Yuri Knorosov fand in der ersten Nachkriegszeit heraus, dass die Schrift Silbenzeichen enthält. Heute weiß man, dass die Zeichen der Maya-Schrift zur einen Hälfte Wortzeichen sind, zur anderen Häfte Silbenzeichen. Nikolai Grube ist heute einer der wenigen internationalen Experten, die sich beharrlich um die Entzifferung der Maya-Schrift bemühen. Und sie kommen Stück für Stück voran. Gölz zitierte dazu zum Schluss den Bonner Maya-Forscher: „Wir können mittlerweile die meisten Maya-Inschriften lesen, haben die ersten Schritte zur Rekonstruktion der Grammatik der alten Schriftsprache unternommen und können nun große Teile des Dresdener Kodex in der Sprache lesen, in der sich die Priester und Schreiber vor 600 oder 700 Jahren ausdrückten“.

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