Spuren der Stadtgeschichte

„Von aufsässigen Weibern, treuen Untertanen und mächtigen Schultheißen“ – so lautet die 31. Weihnachtsausstellung im Alten Bau. Sie macht neugierig auf kommunale Stadtgeschichte.
CLAUDIA BURST | 14.11.2015
Foto: Claudia Burst
Foto: Claudia Burst

Stadtarchivar Hartmut Gruber zeigt einige Exponate, die vom 4. Dezember an in der 31. Weihnachtsausstellung im Alten Bau gezeigt werden. Titel der lokalhistorischen Schau: „Von aufsässigen Weibern, treuen Untertanen und mächtigen Schultheißen“.

Geschichte kann so spannend sein. Vor allem, wenn sie gut recherchiert und darüber hinaus kreativ präsentiert wird. Stadtarchivar Hartmut Gruber hat die diesjährige Weihnachtsausstellung in der Galerie im Alten Bau schon jetzt en detail vor seinem inneren Auge: „Eine Schreibstube von anno dazumal aus dem Alten Rathaus soll zum Beispiel deutlich machen, in welcher Umgebung früher gearbeitet wurde“, verrät er und sieht bereits die Vitrinen, in denen das Stadtsiegel von 1367 zu besichtigen sein wird oder das von Kommunalbeamten im Lauf der Jahrhunderte benutzte Instrumentarium.
Er beschreibt die Bilder der Schultheißen, die er mit jeweiligen Besonderheiten und geschichtlichen Hintergründen versehen will, um aufzuklären, warum sie wie gehandelt haben.
„Von aufsässigen Weibern, treuen Untertanen und mächtigen Schultheißen“ lautet der neugierig machende Titel über der 31. Weihnachtsausstellung in der Galerie im Alten Bau, die am 4. Dezember eröffnet wird. Wie in jedem Jahr kooperiert der Kunst- und Geschichtsverein Geislingen mit der Stadt Geislingen und Gruber, der zu beiden Institutionen gehört, wird bei der Eröffnungsveranstaltung in die Ausstellung einführen.
Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass sich der Stadtarchivar dafür nicht extrem vorbereiten muss. Er ruft das Wissen zur Geislinger Geschichte nach Bedarf aus dem Gedächtnis ab, kennt Anekdoten und Geschichten und Hintergründe, die aus Fakten lebendige Vergangenheit werden lässt.
Aufhänger ist der 100. Geburtstag des „neuen Kanzleigebäudes“, also des Geislinger Rathauses im kommenden Jahr. „Es wurde 1916 fertiggestellt und bezogen, aber wegen des Krieges ohne Aufhebens“, erzählt Gruber. Im Zuge der Industrialisierung der Fünftälerstadt und der Eingemeindung Altenstadts – Gruber nennt diesen Vorgang lieber „die Vereinigung mit Altenstadt“ – war das 1422 erbaute Rat- und Kaufhaus (das Alte Rathaus) zu klein geworden. „Vor dem Rat- und Kaufhaus befand sich einst der Marktplatz mit den Metzger- und Bäckerverkaufsständen“, berichtet er. Im Gebäude selbst wurde mit einer großen Waage Heu oder Frucht gewogen, bevor es in der Schranne (dem Fruchtkasten im Obergeschoss) gelagert und von dort auch verkauft wurde.
Die „Tucher“-Zunft fand hier Platz sowie die „Stubengesellschaft“, in der die Stadthonoratioren ihre Geschäfte machten. „Und natürlich die Verwaltung“, fügt Hartmut Gruber hinzu. Die bestand aus dem „Obervogt“ aus Ulm, der das Sagen hatte. Für die städtischen Amtspflichten regierten darüber hinaus drei Bürgermeister, die aus den Reihen des „Richterkollegiums“ (dem Gemeinderat) von den Bürgern gewählt wurden. Diesem Kollegium gehörten zwölf Richter an, die ihr Amt auf Lebenszeit innehatten.
Die Spuren der Geislinger Verwaltungsgeschichte lassen sich noch weiter zurückverfolgen – und zwar bis ins Jahr 1281, als Albertus Kuchalber von den Helfensteinern offiziell als 1. Amann (Amtsmann) eingesetzt wurde. Das war die Ära vor der „Ulmer Zeit“, als das Geschlecht der Helfensteiner noch das Sagen hatte. Und sich was sagen ließ – etwa von den Geislinger Marktweibern. „Die begehrten im Jahr lautstark auf wegen Schiebereien und Vorteilnahme der Richter. Worauf sich Graf Ulrich V von Helfenstein genötigt sah, eine Stadtordnung zu erlassen, die ab dem Jahr 1367 Gültigkeit hatte.“
Wer all das auch erfahren will, kann ab dem 4. Dezember (Eröffnung 19.30 Uhr) bis zum 17.Januar in die Galerie im Alten Bau in Geislingen kommen.

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